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Sprichwörter aus Sibirien
Ursprünglich bezog sich die Landesbezeichnung Sibirien auf das Khanat Sibir im heutigen Westsibirien, eine Abspaltung des Khanats der Goldenen Horde. Im weiteren Sinne bezeichnet Sibirien heute den ganzen nordasiatischen Teil der Russischen Föderation. Der Ural im Westen, im Norden der Arktischen Ozean, im Osten der Pazifik und im Süden China, Mongolei und Kasachstan sind die Grenzen Sibiriens. Sibirien umfasst mit ca. 13,1 Millionen Quadratkilometer ¾ des russischen Staatsgebiets.
Wegen der Größe ist Sibirien in den russischen Föderationskreis Ural (Westsibirien mit dem Uralgebiet), den Föderationskreis Sibirien und den Föderationskreis Ferner Osten gegliedert.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sibirien


Sprichwörter aus Sibirien

Sprichwörter, die in deutscher Sprache mit der Herkunftsangabe „aus Sibirien“ verbreitet sind:

Alle schlechten Menschen wohnen hinterm Ural.

Als Gott die Schätze der Welt verteilte, froren ihm über Sibirien die Hände und er ließ sehr viel fallen.

Bei uns ist es neun Monate im Jahr kalt und drei Monate saukalt.

Hundert Rubel sind kein Geld, hundert Jahre kein Alter, hundert Meilen keine Entfernung.

Nach einem fremden Brotlaib sperr' den Mund nicht auf.

Nicht wo du die Bäume kennst, wo die Bäume dich kennen, ist deine Heimat.

Wenn sich im Paradies eine Menschenseele und eine Hundeseele begegnen, muss sich die Menschenseele vor der Hundeseele verneigen.
   
Sprichwörter indigener Völker in Sibirien


Die Sprichwörter der Völker aus Sibirien wurden von der Russistin Gisela Reller auf Reportagereisen in die Sowjetunion, die sie für die Illustrierte FREIE WELT unternahm, jahrzehntelang zwischen 1964 und 1990 vor Ort bei den jeweiligen Völkern gesammelt. Weitere bisher unveröffentlichte Informationen über diese und 50 anderer  Völker der ehemaligen Sowjetunion auf der Webseite von Gisela Reller:   www.reller-rezensionen.de/
   
Informationen zu 50 Völker Russlands, von Abasiner bis Zachuren, in einem Lesebuch mit 1001 Sprichworten und über 100 Fotos und ethnografischen Illustrationen von Gisela Reller:
„Die Heimat ist eine goldene Wiege“, ISBN 978-3-8305-3934-6, erschienen am 27.08.2019.
Ein Blick ins Buch:   
www.bwv-verlag.de/detailview?no=3934


Sprichworte der Altaier

Auch die Gans ist ein Vogel und der Chakasse ein Bruder.
(Chakasse = indigenes Volk in Sibirien und Titularnation der Republik Chakassien im russischen Föderationskreis Sibirien.)

Auch die Zirbelkiefer braucht ihre Zeit, bis sie Früchte trägt.

Auch ein unbekannter guter Mensch kann eine Augenweide sein.

Auch wenn du ein kleines Pferd hast, müssen deine Füße nicht über den Boden schleifen.

Auf der Erde gibt es weniger Steilhänge als in eines tapferen Mannes Leben.

Beginne keinen Streit, wenn du eine Harke in der Hand hältst.

Besser eine helle Tat von der Größe einer Maus als eine dunkle vom Umfang eines Kamels. Nimm nicht die Tochter einer schlechten Mutter, setzt dich nicht auf den Tör eines schlechten Menschen.
(Tör = Ehrenplatz)

Betritt kein Haus mit morschen Türen.

Dem Alten seinen Bart, dem jungen Verstand.

Den schlechten Charakter des Bruders verstecke unter dem Bett.

Der Blick des jungen Mädchens – auf alles Schöne, der Blick des jungen Recken – auf die Schöne.

Der Hund hat seinen Herrn, der Wolf hat Gott.

Der Reiche rühmt sich seines Viehs, der Arme seiner Kinder.

Die Worte eines älteren bewahre in deinem Wandersack.

Die Zunge halte kurz, die Gedanken lass schweifen.

Ein Alyp hat drei Schicksale.
(Alyp = Recke, kampferprobter, kühner Krieger.)

Ein Blinder gibt nicht wieder her, was er gepackt.

Ein geborgter Pelz wird schneller schmutzig, ein geborgtes Pferd gerät schneller in Schweiß.

Ein Geiziger gibt seine Schulden zurück, wenn die Kiefern ihre Nadeln abwerfen.

Ein guter Hund stirbt ohne Todesanzeige.

Ein Mensch in Not strebt in sein Heimatland.

Ein räudiges Schaf ist ein Unglück für die Herde, ein Verräter des Volkes Untergang.

Ein Unglück kann aus dem Ärmel heraus kriechen und unter dem Becher hervorkommen.

Ein windiger Tag ist ohne Ruhe, eine gedankenschwere Nacht ohne Schaf.

Findest du etwas in der Taiga, lobe dich nicht, findest du nichts gräme dich nicht.

Freist du ein junges Mädchen, sprich auf ihre Art.

Gram und Harm durchqueren die Steppe, eine Beleidigung kommt sogar über das Gebirge.

In der Taiga macht man nicht mit der Zunge Jagd.

In einem dünnen Pelz treibt's die Laus besonders arg.

Körnchen zu Körnchen ergibt auch eine Fuhre.

Kräftig die Brühe aus Antilopenfleisch, fade die Gedanken eines Taugenichts.

Mancher bellt lieber wie ein Hund, als dass er lernt, ein Pferd zu zügeln.

Misch dich nicht unter eine fremde Sippe.

Mit deinem Volke lebe in Eintracht, mit deinem Herrn in Frieden.

Mit dem Brustkorb hierhin, mit dem Rücken dorthin.

Mit der Schlinge um den Hals ist schlecht aufmucken.

Mit Schwiegersohn scheint die Sonne.

Niemand kann mit einem Fremden verwandt sein und von Wasser Rahm abschöpfen.

Ohne Hengst weinen die Stuten.

Reisen ist das beste Mittel zur Selbstbildung.

Vaterlos – der Sohn wird verwöhnt; mutterlos – die Tochter wird verhätschelt.

Verspeise dein Brot auch in Gedanken an den Tod nicht bis auf den letzten Krümel.

Warum war ein Verstorbener immer ein guter Mensch?

Was du nicht kitzelst, bewegt sich nicht vom Fleck.

Was Gott gegeben, schnappt kein Vogel weg.

Wenn auch das Pferd stirbt, der Pflock bleibt; wenn auch der Vater stirbt, der Sohn lebt.

Wenn du deinen Kopf auf einen Hund bettest, brauchst du auf Schlaf nicht zu hoffen.

Wer nie ausruhen will, den zwingt die Nacht.

Wer sich absondert, den frisst der Wolf; wer zurückbleibt, den fasst der Bär.
(Aus diesem Grund wollten Finnland und Schweden in die NATO. Beie Länder hatten die Möglichkeit, ihren abgesonderten Platz außerhalb der NATO zu verlassen und dem Verteidigungsbündnis beizutreten oder sich vom Wolf Putin und dem russischen Bären fressen zu lassen, sobald sie die Ukraine verdaut haben.)

Wer sich freut, sagt's laut heraus.

Wer sich ins Jenseits aufmacht, braucht auch kein Nugget mehr, groß wie ein Pferdekopf.

Wie ein verwaistes Fohlen zum Pferd, wird ein verwaister Junge zum Mann.
 
Sprichworte der Chakassen

Allen unterm Mond ist klar: Kuh und Bär geben kein Paar.

Auch wenn dein Pferd kein stolzes Ross ist, bist du doch ein Reiter; auch wenn deine Kleider nicht aus Seide sind, bist du doch ein Mensch.

Auf Freundeswort antworte auf Freundesart.

Auf Reisen brauchst du einen guten Weggenossen, zu Hause einen guten Nachbarn.

Auf später verschoben ist so gut wie aufgehoben.

Bei der Rede schätze Wahrhaftigkeit, bei der Brühe die Fettaugen.

Böses Gerede macht sogar Speck ranzig.

Brot ist auf Reisen keine Bürde.

Das Glück liebt den Furchtlosen.

Der Dumme ist höfisch, der Kluge höflich.

Der ist kein Mann, der ein Geheimnis nicht in seinem Herzen vergraben kann.

Die einen Freunde sind nicht mit Wasser zu trennen, die anderen sind blutbesudelt.

Die hastige Fliege ertrinkt in der Milch.

Die Maus fürchtet nicht einmal sieben Schwiegersöhne im Haus, zwei Brüder aber machen sogar einem Bären den Garaus.

Ein Bär in Freiheit tanzt nicht.

Einen Kranken erfreut auch ein goldenes Bett nicht.

Einen Trauernden betrübe nicht noch mehr – und sei es durch ein unbedachtes Wort.

Einen Unglücklichen kränke nicht.

Einer, der lügt, auch stiehlt.

Eine Schandtat ist kein Wolf, sie macht sich nicht davon.

Ein Geheimnis ist einem gesattelten Pferde gleich.

Ein gutes Werk lobt sich selbst.

Erkunde meinen Charakter, ehe du mein Freund wirst.

Es ist gleich schwer, die Masse des Volkes zu betrügen und ein wildes Pferd mit brüchigem Lasso ins Gatter zu kriegen.

Geh fort vom Schmeichelwort.

Geh nicht auf Brautraub, willst du dir selbst nicht schaden – Wärme gibt auch ein glühender Herd.

Heiraten ist leichter, als Fingerhandschuhe zu stricken.

Herrscht Hungersnot, werden die Reichen fett; grassieren Krankheiten, setzen die Schamanen Fett an.

Hohle Worte sind wie Stiefel an nacktem Fuß.

Im Herbst sitzt auch die Maus an reich gedeckter Tafel.

In der Heimat erfährst du alles: vom Reiter den Namen, vom Ross das Brandzeichen.

In zwei Gräbern kann man nicht liegen, um das eine aber kommt man nicht herum.

Kein Bursche, der ohne Plagen zum Mann wird.

Kein Tagedieb ohne böse Zunge.

Lässt du in der Not den Freund im Stich, ist dir ewige Schande gewiss.

Mach dich nicht zur Wand zwischen Eheleuten.

Mit Feuer spiele und mit Wasser scherze nicht.

Nichts auf der Welt ist mächtiger als die Macht des Volkes.

Nimm nicht zu viel, willst du es forttragen.

Ohne Not bleibt ein Freund unerkannte.

Satt ist man immer nur für kurze Zeit.

Schmeichelt man dir, stell dich taub, macht man dir Vorhaltungen, sperr die Ohren auf.

Sieh auch im Zorn nach vorn.

Verwandte nah, bedeutet Zank und Streit, doch Eintracht herrscht, wohnen sie weit.

Weisheit ist nicht im Bart, sondern im Kopf.

Wer als Esel geboren, ist unbelehrbar.

Wer auf der faulen Haut liegt, eine spitze Zunge liebt.

Wer Bären fürchte, sollte nicht in der Taiga spazieren gehen.

Wie auch der Klepper ein Pferd, so ist auch der Greis ein Mann.

Wie das Fleisch, so die Suppe – wie die Eltern, so die Kinder.

Wie der Trog, so der Speck.

Sprichworte der Schoren

Besser ein Mann mit leerem Kopf als eine Frau mit vergoldetem Haupt.


Besser klein und nützlich als groß und unnütz.

Besser, sich mit einem Guten auf den Weg zu legen, als sich mit einem Bösen auf den Weg zu machen.

Bist du im Sattel, säume nicht.

Decke kein fremdes Dach ab, dann bleibt auch deines unversehrt.

Den Dolch in der Faust, lass dich nicht zum Streit hinreißen; die Peitsche in der Hand, lass dich auf keine Schlägerei ein.

Den Freund kannst du betrügen, den Bauch nicht.

Den Freund liebe, den Feind bedaure.

Der Falke ist am Flug zu erkennen, der Recke am Gang.

Der Reiter verdirbt nicht den Weg, das Sprichwort nicht die Sprache.

Der Sohn wird ohne Vater ein Nichtsnutz, die Tochter ohne Mutter eine Müßiggängerin.

Der Spierstrauch hat zu viele Wurzeln, der Schore zu viele Töchter.

Die Schoren schlagen sogar aus Quellwasser Sahne.

Die Trommel dröhnt, das Glöckchen klingt – und nun?

Die Wahrheit leuchtet reiner als die Sonne.

Ein böser Hund schnappt dich am Saum, ein böser Mensch am Kragen.

Einen Alten schmähe nicht, der Obrigkeit tritt nicht auf den Zeh.

Einen gefügigen Kopf fällt kein Schwert.

Ein Feigling stirbt immer sinnlos.

Ein Fischer wird nicht reich, auch wenn sein Rocksaum niemals trocknet.

Ein Fremder weist dir zwar den Weg, lässt dich aber ohne Wegzehrung.

Ein kalter Schornstein qualmt nicht.

Ein Klepper geht gern als erster.

Ein starkes Raubtier jage mit List.

Geh deinen Weg, auch wenn er sich windet, nimm das Mädchen, auch wenn es schwanger.

Glaub nicht, dass es zum Zaren weit und zu Gott hoch ist.

Hab's nicht eilig, bevor du nicht gegessen hast.

Halte Abstand zur Schwiegertochter.

Hat der Kopf ein Loch, verstecke es unter der Mütze.

Herr ist, wer reich ist.

In der Heimat ist der Himmel höher.

Ist's ein Raubtier, dann mit Fell; ist´s ein Mensch, dann mit Namen.

Jeder schleckt seine Finger selber ab, wenn sie voll Honig sind.

Liebe den Freund, den Feind bedaure.

Lieber heute Leber und Lunge als morgen Sytschuga mit Fett.
(Sytschuga = mit gehacktem Fleisch gefüllter Schweine- oder Rindermagen.)

Nach dem Fuchspelz ein Herr, nach der Herkunft ein Hund.

Schmeichle nicht Neuem, Altes setze nicht herab.

Schmeißt man einen Stein nach dir, wirf Butter zurück.

Soviel Bärlauch auf dem Hügel, soviel Geschwätz bei den Schoren.

Stolzen Hauptes stolpert sich's eher.

Tiefer See, ruhige Enten.

Unterwirf dich nicht dem Teufel, dann ist er ohne Macht.

Vom Flussbarsch erwarte keine Ucha; vom Faulpelz keine Umsicht.
(Ucha = Fischsuppe)

Von einem alten Freund trenne dich nicht, an einen neuen klammere dich nicht.

Was du mit den Händen weggibst, musst du mit den Beinen wiederholen.

Wem das Gewehr, dem die Felle.

Wem der Tod gewiss, dem hilft auch kein Schamane.

Wer den Frost missachtet, verliert die Ohren, wer die Obrigkeit missachtet – den Kopf.

Wer flinke Füße hat, ist nie ohne Brot.

Wer nie reist, kommt nie heim.

Wo deine Hand ist, da ist auch dein Kopf.

Sprichworte der Tofalaren

Der feige Hase bekommt nie ein kühnes Herz.

Die Taiga ist so kalt, wie es die Augen reicher Leute sind.

Eine schöne Reise besteht aus lauter schönen Kleinigkeiten.

Ein Fohlen sollte man nicht satteln, ein Kind nicht erschrecken.

Ein wahrer Mensch kann nur der sein, der ein ehrliches Herz besitzt.

Fremdes Fleisch schmeckt gut, aber eigenes schmeckt besser.

Gram fügt der Seele Schaden zu.

Heimat verloren - alles verloren.

Hoffnung ist im Leben keine Last.

Mach's gut, schlecht wird's von alleine.

Mancher Brauch ist wie ein großer Stein auf dem Weg.

Man kann dem Schicksal so wenig entgehen, wie der Wolf dem Jäger entkommt.

Sagst du die Wahrheit, reinigst du dein Gewissen.

Trau keinem Zobel, wenn du ein Angsthase bist.

Unsterblich ist, wer nie an den Tod denkt.

Wäre nur Brot da zum Essen, Zähne würden sich schon finden.

Warum die Stiefel ausziehen, wenn das Wasser noch nicht zu sehen ist.

Zanke nicht, bis deine Zunge trocken wie ein Dörrfisch ist.

Sprichworte der Tuwiner

Am Vogelknochen suche kein Fett, beim Obdachlosen kein Bett.

Bist du allein - denke dir, was du willst in einem fort, vor den Leuten bedenke jedes Wort.

Bist du reich geworden, brüste dich nicht; ist dein Freund arm geblieben, bewirte ihn schlicht.

Bittet die Tochter - sollst du Nagel und Faden geben; bittet der Sohn - muss er nach Messer und Feuer streben.

Den Räuber bringen schlaflose Hunde in Brast, der Märchenerzähler schläfrige Menschen hasst.

Der Blitz verursacht Brand im Ort. Der Krieg rafft Menschenleben fort.

Der Himmel klart auf, auch nach mächtigem Sturm. Ein schlechter Charakter ist beständig wie ein Turm.

Der Schwur schärfer als ein Messer ist. Das Gerücht schneller als ein Hase flitzt.

Die Fernen wissen's vom Hörensagen, den Nahen wird's zugetragen.

Die Tochter wächst bei der Mutter zur Jungfrau heran, der Sohn wird beim Vater zum Mann.

Die Ziege klettert den Felsen hinauf, da reißt das Kamel die Augen auf.

Disteln dem Kameltier munden, wie muss sich da die Ziege wundern.

Ein dickes Scheit erdrückt das Feuer, die Unordnung der Hausfrau stellt sich teuer.

Einen Knochen kann man nicht zweimal abnagen, den Freund darf man sich nicht zweimal versagen.

Ein gefiederter Pfeil bleibt ohne Beute, unbekümmerter Leichtsinn schon manchen gereute.

Ein gutes Wort tausche auch nicht gegen viel Fleisch, ein Geheimnis gibt für Speck nicht preis.

Ein Pfau entzückt sich an seinem Rad, ein Vater am Kind Entzücken hat.

Ein schlechtes Gewehr verfehlt das Ziel, ein Kind ohne Gehorsam bringt der Sorgen viel.

Ein spitzer Splitter gelangt schnell in die Hand, eifersüchtige Augen sehen stets über den Rand.

Ein stumpfes Messer ist kein Messer, ein plumpes Wort ist auch nicht besser.

Es will gekonnt sein, einen Strick zu drehen, und auch, ein Sprichwort zu verstehen.

Elstern, die sich einig sind, selbst ein Kamelhengst nicht entrinnt.

Festgewalkter Filz hält stand bei Wind und Wetter. Feste Eintracht kann vor jeder Not erretten.

Herumsitzen - kein Erfolg, herumliegen - kein Stück vom Glück.

Hochwasser unterspült auch ein befestigtes Ufer, üble Nachrede verdammt eine Braut zur Jungfer.

Je fleißiger du bei der Arbeit bist, mit umso mehr Appetit du isst.

Kaltes Wasser härtet Stahl, den Menschen stählen Not und Qual.

Keine Fäustlinge - die Finger steif und starr. Keine Schwiegertochter - wer macht das Essen warm?

Keine Freunde findet der Grobian, keine Ruhe der Liederjan.

Lässt du einen Funken fallen - ein Brand ist entflammt; lässt du eine Bemerkung fallen - ein Gerücht ist entbrannt.

Mach einen Falken nie im Fluge scheu. Erhebe nie unnötiges Geschrei.

Mein Pferd, und mag's mager sein! Der Sattel schäbig, aber mein.

Mit dem Tee für den Gast hat's noch Zeit, die Pfeife aber halte griffbereit.

Mit den Hörnern stößt der dümmste Stier am meisten. Wer nicht überzeugen kann, droht mit den Fäusten.

Mit Schönheit lässt sich kein Tee aufbrühen, mit einem Zopf kein Reitpferd ziehen.

Nicht jedes Auge kann Schönheit schauen, nicht jede Hand welche erbauen.

Nichts fester als ein doppelter Knoten ist, nichts tiefer als das Feindschaft kann entstehen durch spöttisches Lachen.

Reisen sind Vorhaben, die den Verstand erleuchten.

Reparier lieber deine Schuhe, die Angelegenheiten anderer lass in Ruhe.

Prahl nur mit dem, was du fängst, aus einer Stute wird kein Hengst.

Rot im Gesicht - das Schuhzeug drückt. Schultern gebückt - Ehe ohne Glück.

Sitz in der Jurte nicht tatenlos, tu dich vor den Leuten im Streit nicht groß.

Verbeiß dich nicht in einen Knochen, wenn du arm bist; wirf nicht mit Fleisch, wenn du reich wirst.

Vögel sitzen in einem verzweigten Baum, Menschen in der Jurte Raum.

Was dem Vogel sein Nest ist dem Menschen die Heimat.

Wen du einmal lobst, der setzt sich zu dir ans Feuer, doch bedenke: übertrieben Lob stellt sich teuer.

Wenn ein Hund beißt, fließt Blut; beißt ein Gerücht, fließen Tränen in Strömen.

Wenn vor Hunger knurrt der Bauch, kommt schlechte Laune auf.

Wer Kühe hat, wird satt: Wer Schafe hat, wird fein gekleidet sein.

Willst du ein Pferd prüfen - reite kreuz und quer, willst du deine Verwandtschaft erkennen - reite mit ihnen zusammen einher.

Willst du in ein Haus eintreten, beuge dein Haupt nie; willst du aus einer Quelle trinken, geh getrost in die Knie.

Wohin der Stein geworfen wird, dort bleibt er liegen; wohin man die Tochter gegeben, dort muss sie leben.
   
Weitere, schon früher erschienene Bücher mit Sprichwörtern von Gisela Reller:


* Aus Tränen baut man keinen Turm, ein kaukasischer Spruchbeutel,
Weisheiten der Adygen, Dagestaner und Osseten, Eulenspiegel Verlag Berlin in zwei Auflagen (1983 und 1985), illustriert von Wolfgang Würfel.

* Dein Freund ist dein Spiegel,
ein Sprichwörter-Büchlein mit 111 Sprichwörtern der Adygen, Dagestaner Kalmyken, Karakalpaken, Karelier, Osseten, Tschuktschen und Tuwiner, mit einer Vorbemerkung und ethnographischen Zwischentexten versehen, illustriert von Karl Fischer, gestaltet von Horst Wustrau, Herausgeber ist die Redaktion FREIE WELT, Berlin 1986.

* Liebe auf Russisch, ein in Leder gebundenes Mini-Bändchen im Schuber
Sprichwörter zum Thema „Liebe“, Buchverlag Der Morgen, Berlin 1990, mit einem Nachwort versehen, illustriert von Annette Fritzsch.
Weitere Informationen auf der Webseite von Gisela Reller:   www.reller-rezensionen.de/